Geplanter Standort für ein neues Rathaus in Pähl, neben der alten Schule.

29.01.2020
Pähler Rathausneubau mit vielen offenen Fragen

Die Gemeinde Pähl hat mit ihrem nächsten Großprojekt erste Schritte in die Öffentlichkeit unternommen: Der geplante Rathausneubau war Thema der Pähler Gemeinderatssitzung am 16. Januar 2020. Lediglich zwei der vier von der Gemeinde angefragten Planungsbüros hatten eigene Vorschläge eingereicht und stellten ihre Entwürfe dem Gemeinderat und den Zuhörern vor. Während Claudia Schreiber von der Architektur und Stadtplanung GmbH in München eine ganze Reihe möglicher Baukörper und Dachformen ins Spiel brachte, hatte sich der ortsansässige Architekt Gottfried Herz bei seiner Machbarkeitsstudie auf einen spezifischen Entwurf konzentriert. Wer als Bürgerin oder Bürger des Ortes die Tagesordnungen der Gemeinderatssitzungen nicht aus Gewohnheit aufmerksam im Blick hat, verpasste unweigerlich die Gelegenheit, die aufschlussreiche Präsentation zu verfolgen.

Ein Neubau des Rathauses wird laut Aussage der Pähler Gemeindeverwaltung notwendig, um den Raumbedürfnissen der örtlichen Grundschule zu entsprechen. Die Schule grenzt bekanntlich an das bestehende, in der Dorfmitte gelegene Rathaus an und nutzt seit einiger Zeit die Räumlichkeiten des historischen Verwaltungsgebäudes mit. Errichtet werden soll das neue Rathaus an einem Standort, der auch aus Architektensicht durchaus unüblich ist: in Ortsrandlage am Ende der Eichbergstraße und noch dazu in zweiter Reihe hinter Feuerwehrhaus und Kleiner Schule, mitten auf der grünen Wiese in landschaftlich überaus reizvoller Umgebung. Das vorgesehene 1.900 Quadratmeter große Areal ist Gemeindegrund an exponierter Stelle des Ortes mit Blick auf das Hochschloss und ins Ammertal.

Viele offene Fragen

Der Verlauf des Abends bestärkte uns als FREIE WÄHLER Pähl-Fischen darin, dass aus Bürgersicht das ganze Neubauvorhaben eine aufmerksame und kritische, aber freilich auch konstruktive Begleitung erfordert. Nach unserer Auffassung bedarf es einer grundlegenden Diskussion, zu der wir zahlreiche Fragen beisteuern möchten:

  • Ist die Dimensionierung des Neubaus wirklich gerechtfertigt und auf welchen Grundlagen basieren die Bedarfsplanungen, die durchaus als großzügig bezeichnet werden können?
  • Wie repräsentativ und architektonisch ausgestaltet muss und darf ein neu gebautes Rathaus in einer ländlichen Gemeinde sein?
  • Inwieweit ließe sich im Neubau auf Sitzungssäle und Konferenzräume verzichten?
  • Wie passt die Dimensionierung des Rathauses zu den Entwicklungen der Zukunft?
  • Welches Nutzungskonzept verfolgt die Gemeinde? Wäre es nicht z.B. weit sinnvoller, die Mittagsbetreuung der Grundschüler im bestehenden Rathaus unterzubringen statt im Neubau?
  • Was spricht dagegen, das Rathaus in Richtung eines Gemeindezentrums zu entwickeln, das für Bürgerinnen und Bürger in vielerlei Angelegenheiten eine Anlaufstation bildet?
  • Stehen tatsächlich keine Grundstücksflächen dort zur Verfügung, wo ein Rathaus gewöhnlich anzutreffen ist: in der Ortsmitte?
  • Wenn der Raumbedarf der Schule ein entscheidender Grund für die Rathausplanungen ist: Wurde statt eines Rathausneubaus auch ein Schulneubau in Erwägung gezogen?
  • Welche Verfahren der Bürgerbeteiligung plant die Gemeinde?
  • Gäbe es aus Gründen der Kostenersparnis die Möglichkeit, auf einzelnen Verwaltungsgebieten mit Nachbargemeinden enger zusammenzuarbeiten?

Ist die Dimensionierung des Neubaus wirklich gerechtfertigt und auf welchen Grundlagen basieren die Bedarfsplanungen, die durchaus als großzügig bezeichnet werden können?

Für einige Verwunderung unter den Anwesenden dürfte der von der Gemeinde angemeldete Platzbedarf der Verwaltung gesorgt haben, den beide Architekten ihren Machbarkeitsstudien zugrunde legten. Ausgehend von einer Gebäudegrundfläche von nicht weniger als 600 Quadratmetern boten die vorgestellten Bauvarianten nutzbare Flächen zwischen ca. 1.000 bis 1.200 Quadratmeter. Angesichts des Pähler Stellenplans mit sieben Verwaltungsangestellten dürfte Platzmangel im Neubau eher nicht zu erwarten sein. Auch im Vergleich zu dem, was umliegenden und meist erheblich größeren Gemeinden an Räumlichkeiten zur Verfügung steht, zeichnen sich die offenbar anvisierten Pähler Dimensionen durch eine nicht unbeträchtliche Weitläufigkeit aus, die sich u.a. in mehreren Sitzungssälen und Konferenzräumen widerspiegelt.


Wie repräsentativ und architektonisch ausgestaltet muss und darf ein neu gebautes Rathaus in einer ländlichen Gemeinde sein?

Dass in einem etwaigen Pähler Neubau moderne Arbeitsbedingungen gewährleistet sein müssen, die den heutigen Standards und Richtlinien entsprechen, steht außer Frage. Genauso außer Frage aber steht, dass die Gemeinde dafür Sorge tragen muss, dass dies auf einem ökonomisch verantwortungs­vollen Wege geschieht, um den kommunalen Haushalt nicht nachhaltig zu gefährden. Aktuell festzuhalten ist: Beide Architekten kalkulieren mit finanziellen Aufwendungen, die sich zwischen 2,9 und 3,9 Millionen Euro bewegen – reine Baukosten wohlgemerkt. Dazu kämen, so darf man ergänzen, Posten wie die Einrichtung des Neubaus und nicht zu vergessen die Umplanung und der Umbau des bestehenden Rathauses für schulische Belange. Auch die energetische Versorgung des Neubaus ist in den vorgestellten Kostenschätzungen nicht bzw. nicht in allen Kostenfaktoren berücksichtigt. Im Haushaltsplan der Gemeinde für 2019, 2020 und 2021 jedenfalls sind diese Kosten (noch) nicht ablesbar. Insgesamt wurden in den besagten Jahren zum Thema „Rathaus“ 2,9 Millionen Euro angesetzt – eine Summe, die allerdings ausdrücklich auch die Sanierung des alten Rathauses einschließt und keinesfalls allein den Neubau betrifft.


Inwieweit ließe sich im Neubau auf Sitzungssäle und Konferenzräume verzichten?

Nicht ganz nachzuvollziehen ist, warum ein Neubau über gleich mehrere Sitzungssäle und Konferenzräume verfügen sollte, wo doch mit dem PGZ bereits ein großformatiger Sitzungssaal bereitsteht. Dieser wird derzeit vom Gemeinderat problemlos als Tagungsort genutzt und besitzt eine ausreichende Ausstattung und Technik.


Wie passt die Dimensionierung des Rathauses zu den Entwicklungen der Zukunft?

Einerseits stellt sich die Frage, welche Bevölkerungsentwicklung in Pähl zu erwarten ist und ob diese auch zu einer derartigen Zunahme an Planstellen in der Verwaltung führen wird, die den derzeitigen Stand der Entwürfe rechtfertigt. Andererseits sollte aus unserer Sicht bei der Raumplanung berücksichtigt werden, dass Verwaltungsvorgänge zukünftig in zunehmendem Maße digital abgewickelt werden und die Archivierung von Dokumenten durch Digitalisierung entlastet werden kann.


Welches Nutzungskonzept verfolgt die Gemeinde? Wäre es nicht z.B. weit sinnvoller, die Mittagsbetreuung der Grundschüler im bestehenden Rathaus unterzubringen statt im Neubau?

Mit welchem Nutzungskonzept die Gemeinde an die Architekten herangetreten ist, blieb aus unserer Sicht an mehreren Punkten unklar. So sah die Münchner Architektin bis zu 170 Quadratmeter in ihrem Neubauentwurf für die Mittagsbetreuung der Grundschüler vor (in den Planungen von Gottfried Herz spielte dieser Aspekt keine Rolle). Warum aber sollte die Mittagsbetreuung überhaupt im Neubau und nicht im Bestandshaus in unmittelbarer Nähe der Schule untergebracht werden, das doch ohnehin für schulische Zwecke umfunktioniert werden soll? Auch weshalb das neue Rathaus für die Durchführung von Veranstaltungen, etwa durch eine entsprechende Dimensionierung von Küchenräumlichkeiten, ausgerüstet werden soll, erschließt sich nicht umstandslos. Schließlich steht mit dem PGZ ein exzellenter Veranstaltungsort zur Verfügung.


Was spricht dagegen, das Rathaus in Richtung eines Gemeindezentrums zu entwickeln, das für Bürgerinnen und Bürger in vielerlei Angelegenheiten eine Anlaufstation bildet?

Interessant wäre es, ob in den Vorplanungen der Gemeinde darüber nachgedacht wurde, im neuen Rathaus Angebote und Aufgaben zu bündeln, die neben der Verwaltung für das alltägliche Leben der Bürgerinnen und Bürger ebenfalls bedeutsam sind. Zusammengeführt werden könnten in einem solchen Gemeindezentrum unterschiedlichste Institutionen und Dienste, z.B. Tagespflege, medizinische Versorgung, Apotheke, Bücherei etc.


Stehen tatsächlich keine Grundstücksflächen dort zur Verfügung, wo ein Rathaus gewöhnlich anzutreffen ist: in der Ortsmitte?

Die Ortsrandlage des geplanten Rathauses führt unweigerlich dazu, ein neues Ortszentrum zu schaffen und zu etablieren, das in Konkurrenz zum historischen Kern des Ortes steht und gewachsenen Strukturen entgegenwirkt. Und nicht nur das: Genauso schwer wiegt die Versiegelung und damit der Verlust einer wertvollen, schützenswerten landschaftlichen Szenerie, der nicht wieder rückgängig zu machen ist. Die geplante Bebauung wird weithin sichtbar sein und das Dorfbild prägen – und dies in Zeiten, in denen man dem „Flächenfraß“ gerade auf der grünen Wiese entgegen­wirken müsste.  


Wenn der Raumbedarf der Schule ein entscheidender Grund für die Rathausplanungen ist: Wurde statt eines Rathausneubaus auch ein Schulneubau in Erwägung gezogen?

Diese Variante würde auf eine Sanierung des historischen Rathauses hinauslaufen, dessen Funktion und Standort beibehalten bliebe. Ein neuer Schulstandort z.B. in der Nähe der Sporthalle wäre insbesondere hinsichtlich der Erreichbarkeit der Sportstätten für den Schulunterricht eine erhebliche Verbesserung.

Welche Verfahren der Bürgerbeteiligung plant die Gemeinde?

Angesichts der Tatsache, dass ein Rathaus mit dem Geld der Bürgerinnen und Bürger aus Pähl, Fischen, Aidenried und Kerschlach gebaut wird, wäre es nach unserem Verständnis angezeigt, wie andere Kommunen auch die eigene Bevölkerung in das Rathausprojekt einzubeziehen.

Gäbe es aus Gründen der Kostenersparnis die Möglichkeit, auf einzelnen Verwaltungsgebieten mit Nachbargemeinden enger zusammenzuarbeiten?

Auch andere Kommunen im Umkreis tragen sich mit dem Gedanken, ein neues Rathaus zu bauen. Wäre eine Kooperation und Aufgabenteilung mit einer dieser Gemeinden denkbar? Um Missverständnissen vorzubeugen: Es geht keinesfalls um die Preisgabe von Eigenständigkeit und Autonomie, sondern um die Schaffung von Synergien und Arbeitsteilungen, was z.B. dem Raumbedarf einer Verwaltung zugutekommt und Neubaukosten senken könnte.